Johannes Brahms im Heilbad Neuenahr
Johannes Brahms hielt sich am 25. Juli 1868 im Heilbad Neuenahr anlässlich der Feierlichkeiten zum 10-jährigen Jubiläum der Quellenweihe auf. Er konzertierte am Abend des 25. Juli im großen Saal des ersten „Curhauses“. Dieses historische Gebäude im sogen. englischen Stil existiert heute nicht mehr. An seiner Stelle wurde von 1964 bis 1967 der heutige Mittelbau des Hotels Steigenberger im modernen Stil errichtet, das dem Komfort der Nachkriegszeit entsprach.
In der Ahrweiler Zeitung Nr. 85 vom 21. Juli 1868 hat sich ein Hinweis auf das herausragende Konzert erhalten. Neben Brahms werden die Sängerin Frl. Rosa Girzick aus Wien und der königliche Hofopernsänger in Hannover, August Keller, erwähnt sowie der damals sehr prominente Bariton und Gesangspädagoge Julius Stockhausen mit seinen Schülerinnen und Schülern. Stockhausen, mit Brahms eng befreundet, leitete von 1862-1867 die Philharmonischen Konzerte in Hamburg und wurde 1869 zum Kammersänger König Karls von Württemberg ernannt.
Brahms selbst wurde nach der Uraufführung seines Werkes „Ein deutsches Requiem“ im Bremer Dom am Karfreitag, den 10. April 1868 enthusiastisch gefeiert. Es ist daher sehr bedauerlich, dass das genaue Programm des damaligen Konzertabends im Bade Neuenahr nicht überliefert ist.
Folgende Informationen findet man aber in der Ahrweiler Zeitung Nr. 88, 1868:
„Neuenahr, 27. Juli. Bad Neuenahr zeigte sich gestern in reichstem Flaggenschmucke, - es galt der zehnten Jahrestagsfeier der Einweihung seiner ersten Quellen durch unsere edle Königin Augusta.
Am Vorabend war die Feier bereits in glänzendster Weise eingeleitet worden durch ein Concert, welches in künstlerischer Beziehung auf der Höhe der Meisterschaft stehend schwerlich in ähnlicher Weise wiederzugeben sein wird. Concertgeber waren Fräulein R. Girzik aus Wien und der königl. Hofopernsänger Herr A. Keller aus Hannover, freundlichst mitwirkend die Herren Joh. Brahms und Jul. Stockhausen; zur Ausführung kam ein diesen Künstlern würdiges Programm.
Das gestrige Festessen in dem mit reizenden Blumenkübeln anmuthig geschmückten großen Curhotelsaale verlief in freudigster Stimmung. Mit enthusiastischen Hochs auf König Wilhelm und Königin Augusta wurde der von dem Director der Actien=Bade=Gesellschaft, Herrn Lenné, auf unser edles Herrscherpaar unter Hinweis auf die wesentliche Einwirkung, welchen der wohlwollende und mächtige Einfluß unserer edlen Königin wie auf alle veredelnden und wohlthätigen Einrichtungen unseres Vaterlandes so auch auf die vielfache segensreiche Entwicklung des Bades Neuenahr gehabt - ausgebrachte Toaste aufgenommen.(...)“
Aus der ebenfalls erhaltenen Cur- und Fremdenliste dieses Jahres ist bekannt, dass die Musiker im Hotel Villa Gillissen in der Hochstraße 10 (ursprünglich gegenüber dem heutigen Osteingang der Klinik Niederrhein) logierten. Keller reiste am 5. Juni an, Rosa Girzick (aufgeführt: Rosa Josefa Sirzick ?) am 18. Juni, als letzter traf Brahms zwischen dem 17. und 23. Juli im Heilbad ein.
Julius Stockhausen wohnte bereits seit Ende Mai, spätestens aber seit dem 5. Juni mit Familie und Bedienung bei Kreisbaumeister Julius August Clotten in dessen privat zur Verfügung stehenden Räumen in der Oberstraße, heute Villa Sibilla.
Das Konzert und die Anwesenheit von Johannes Brahms im jüngsten Heilbad des Rheinlandes geben einen Hinweis auf die gesellschaftlichen Kräfte, die in der damaligen Zeit den Aufbau des Bades Neuenahr stützten und förderten. In den Cur- und Fremdenlisten finden sich die Namen von Hochadel und hoher Beamtenschaft wie Baron van Andringa de Kempenaer, ausserord. Kammerherr Sr. Majestät des Königs der Niederlande, Graf Borries aus Celle, Freiherr von Schele, Gräfin Pückler, Baronin Rothschild aus Köln, Bankdirektoren, Gutsbesitzer, aber auch Wissenschaftler, Mediziner und Pfarrer aus Holland, England, der Schweiz, Russland, Irland und Belgien, Serbien, Ungarn, Schottland und Algier.
Literaturhinweis
Wolfgang Matthäus, Vor 95 Jahren, Johannes Brahms konzertierte in Bad Neuenahr. Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1964
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